Zusammenfassung



Bisher wurde als Besonderheit des Films bereits die musikalische Untermalung erwähnt. Doch stilistisch hat der Film weitaus mehr zu bieten. Häufig sind es kleine Verbindungen, die sich bemerkbar machen. So sind es in den ersten Szenen in Marokko zwei Brüder die sich mit der Aufgabe des Hütens beschäftigen, während in San Diego ein Kindermädchen auf zwei Geschwister aufpasst. Während in Mexiko das letzte Bild einer Szene der blutige Halsstumpf des Huhnes ist, wird in der nächsten Szene in Marokko die Wunde von Susan gezeigt. Noch bedeutender sind die einzelnen Bildausschnitte. Ein Schild in Nahaufnahme in Mexiko, auf dem vor Kinderkidnapping gewarnt wird oder die Fahrstuhlanzeige als Chiekos Vater sich in die Wohnung begibt. Man sieht wie die Zahlen langsam aufsteigen und der Eindruck wächst, dass es nicht schnell genug geht. Es wird in so simpler Weise Spannung erzeugt und das macht den Film auch aus. Mit einfachen Andeutungen muss sich der Zuschauer auf Missstände hinweisen lassen, wenn ein kleiner Junge bemerkt, dass es in Mexiko gefährlich sei, ein gehörloses Mädchen keinen Anschluss findet, weil ihr Gegenüber erschrocken ist oder einfach nur eine Frau eine Flasche Desinfektionsmittel mit sich trägt, während die einheimischen mit den Händen essen. Doch hier will der Film auch ein wenig zuviel. Neben dem Problem der Verständigung der Charaktere schlagen sie sich auch mit Vorurteilen und auferlegten Problemen herum, die sie überlasten. Dass Chiekos Mutter Selbstmord begangen hat macht ihre Rolle so verletzlich und bemitleidenswert, obwohl sie bereits genug Probleme mit ihrer beginnenden Sexualität und ihrer Gehörlosigkeit hat. Der Vater, der mal Ehemann war und nun vor der „Doppelbelastung“ Beruf und Vater steht, was in Japan aktuelle Diskussionen bedarf, anscheinend überfordert. Und die aktuelle Gefahr durch Terroristen, die nicht nur durch die Touristen im Dorf angesprochen wird, sondern gleichfalls durch die amerikanische Regierung, inklusive dem Kommentar der marokkanischen Regierung zur vorschnellen Beurteilung des Vorfalls durch Amerika. Selbst der kleine Hinweis durch Fußballposter an der Wand der Brüder in Marokko, der vermittelt was die Jungs statt des Ziegenhütens tun sollten, ist einfach zu viel. Einzuräumen ist, dass man bei einmaligen Schauen des Films viele Hinweise übersieht und nur das Gefühl zurück bleibt, dass man überfordert ist. Dennoch besticht der Film durch seine Bilder hinter denen Ideen stehen. Auch die Charaktere sind gut ausgearbeitet und wirken nur selten in ihrem Handeln unglaubwürdig. Besonders beeindruckend sind hier die Brüder, zwischen denen eine starke Rivalität herrscht, denn obwohl jünger ist Yussef weiterentwickelt und frühreif. Der Neid von Ahmed explodiert schließlich im Verrat an seinen Bruder und seiner Schwester, im unpassenden Moment der Beichte über den Schuss auf den Bus. Wie bereits erwähnt ist die Rolle der Chieko ebenfalls herausragend verkörpert. Ihre Welt bleibt dem Zuschauer nicht verschlossen sondern wird über die Aussetzung von Ton und Überladenheit an Farben, in der Disco, ihrem Hunger nach körperlicher Nähe, in Provokation kaum zu übertrumpfen und der Zurückweisung durch ihr Gegenüber, so eindrucksvoll geschildert, dass man glaubt sie verstehen zu können.
Unerwähnt sollte auch Amelia nicht bleiben, die eigentlich nur die Hochzeit ihres Sohnes besuchen wollte. Auch wenn dem Zuschauer verschlossen bleibt warum sie sich und die Kinder zu ihrem betrunkenen Neffen ins Auto setzt um rechtzeitig zum Fußballspiel der Geschwister zurück zu sein, zerstört ihr persönlicher Wunsch ihr ganzes Leben. Auch hier sind es wieder die Bilder, eine Frau im roten Kleid in der Wüste, auffällig fast warnenden und doch hilflos. Doch aufgefangen werden die „armseligen“ Existenzen von ihrer Familie. Amelia von ihrem Sohn, Chieko von ihrem Vater, Susan von ihrem Mann. Und erst die Sprachlosigkeit, die Unfähigkeit miteinander zu reden hat sie dabei zueinander gebracht.
Zwischen den Verwirrungen, nicht nur durch die unchronologische Reihenfolge der einzelnen Sequenzen erzeugt, die letztlich eins werden, den Sprachbarrieren und den Kleinigkeiten, die Großes auslösen, möchte man nicht aufhören den Hauptdarstellern zuzusehen.
Es bleibt ein Film, der seine Nominierungen und Preise wohl verdient hat und trotz der leichten Überladenheit an Problemen, sich des häufigen Anschauens lohnt. Denn viele Kleinigkeiten, wie oben beschrieben übersieht man einfach oder kann sich ihre Bedeutung nicht sofort erschließen. Wunderschön, die letzte Szene, Chieko und ihr Vater Arm in Arm auf dem Balkon, eine Entfernung aus der Stadt hinaus, in der Beide unter den vielen Lichtern nicht mehr auszumachen sind. Denn letztlich bleibt ihr Schicksal eines von vielen und es geht wie die Beiden im Gewirr von vielen Schicksalen unter. Erst bei genauem Hinsehen und Zuhören kann man den Menschen und sein Anliegen erkennen und vielleicht wieder zueinander finden.